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Auswirkungen des Sanften Tourismus auf die regionale Wirtschaft:

Vergleich Wandern und Radfahren

Der sanfte Tourismus gibt heute schon in vielen Regionen wichtige Impulse zur regionalen Wirtschaftsentwicklung. Diese nachhaltige Form des Tourismus wird deshalb von den Kommunen forciert und von der EU durch verschiedene Programme gefördert, insbesondere wenn der sanfte Tourismus die Landwirtschaft und die Landschaft erhalten hilft.

Robert Jungk, Jost Krippendorf und andere haben den sanften Tourismus definiert: Er dient, vereinfacht dargestellt, gleichermaßen den Erholung suchenden Reisenden und den gastgebenden Bereisten. Er schont dabei Natur und Umwelt, dient dem kulturellen Austausch, erhält und fördert gesunde Sozialstrukturen sowie die regionale Kultur und Wirtschaft.

Was macht der sanfte Tourist? Einen großen Raum nehmen Wandern und Radfahren ein, wobei das Wandern mit 45% seinen Anteil hält – Spaziergänge unternehmen 64% - und der Anteil des Radfahrens steigt; derzeit liegt er bei 18%. Der subjektive Eindruck ist ein anderer, denn der Radfahrer ist schneller und größer, er wird daher mehr wahrgenommen. Diese Tatsache hat sich in der traditionellen Verkehrspolitik niedergeschlagen, in der auf Grund der verstärkten Wahrnehmung der noch schnellere und mehr Raum einnehmende Autoverkehr maßlos überschätzt und daher im Vergleich zum Rad- und Fußgängerverkehr viel zu stark gefördert wurde. Nach dem verkehrswissenschaftlichen Grundgesetz des induzierten Verkehrs wurde dadurch der Autoverkehr vermehrt, so dass sich die Erwartung auch erfüllte.

Diese wissenschaftlichen Erkenntnisse lassen sich auf den Fußgänger und den Radfahrer übertragen: Verbessert man Wege und andere Rahmenbedingungen, so erhöht man deren Anteil am Verkehr - aber auch die Summe des Verkehrs! Dies ist aber unerheblich, da Wandern und Radfahren im Regelfall nur vernachlässigbare Umweltschäden verursachen.

Wie kann man nun Wandern und Radfahren aussagekräftig vergleichen? Dazu werden bestimmte Kriterien benötigt:

Definitionen:

Spaziergänger

Der Spaziergänger legt 3 bis 8 km zurück. Kommt er an einer Einkehrmöglichkeit vorbei, so nutzt er diese zum Kaffee oder einem anderen Getränk.

Werden Spaziergänge vom Wohnort aus unternommen, unterbleibt die Einkehr. Ansonsten fahren Wochenend-Spaziergänger mit dem Auto zu einem Ausgangspunkt (Parkplatz!) und machen eine Rundwanderung. Da es ausgesprochene Schönwetter-Wanderer (oft ohne Wanderschuhe) sind, lieben sie feste Wege (Landwirtschaftswege, wassergebunden oder gar asphaltiert). Sie benutzen ihnen bekannte Rundwanderwege, freuen sich über Ruhebänke an Aussichtspunkten oder landschaftlich attraktiven Orten. Motivation: Draußen sein, sich bewegen. Ist die Umgebung des Wohnorts landschaftlich attraktiv, werden Spaziergänge mehr im Nahbereich unternommen, wenn nicht, fährt man mit dem Auto (s. o.).

Eine vorhandene Infrastruktur und ein günstiges Umfeld fördert das Spazierengehen im Nahbereich. Der Erholungswert, die Attraktivität des Wohnorts wird gesteigert. Wochenend-Autoverkehr wird vermieden. Die wirtschaftlichen Auswirkungen können vernachlässigt werden.

Spazierengehen ist die wichtigste Urlaubstätigkeit der Deutschen. Urlauber benötigen, da sie ortsfremd sind, Unterlagen über die möglichen Spaziergänge (Führer, Karten, Faltblätter …), sie kehren gerne ein, die Wege sollten immer begehbar sein (Problem: Verschmutzung durch die Landwirtschaft bei Regenwetter). Am allerwichtigsten ist aber die Attraktivität der Landschaft: In einer ausgeräumten, flurbereinigten Agrarsteppe, die nach Flüssigmist oder Spritzmitteln stinkt, geht kein Urlauber gerne spazieren!

Tageswanderer

Der Tageswanderer ist etwa 15 km unterwegs. Den Ausgangspunkt erreicht er mit dem Auto. Er kehrt bei einer Rundwanderung (häufigste Form) gerne am entferntesten Punkt ein, eventuell auch noch am Schluss. Außerdem werden gerne Rast- und Grillplätze mit Feuerstelle, Bänken und Tischen benutzt. Tageswanderer sind Schönwetter-Wanderer, sind aber gut ausgerüstet und gehen am liebsten auf naturbelassenen Wanderwegen oder auf wassergebundenen Wegen. Sie benützen Karten und Führer, wünschen aber zusätzlich eine zuverlässige Wegweisung (Modell Schweiz oder Südschwarzwald, aber mit Angabe der Gehzeit anstatt der Kilometer). Die Landschaft muss attraktiv sein (s. u. beim Weitwanderer). 

Zunehmend nutzen Tageswanderer öffentliche Verkehrsmittel und gehen zur Streckenwanderung über. Ermöglicht wird dies z.B. durch Freizeitbusse, Schienenbus Ulmer Spatz, Dampfzüge und normale Bus- und Bahnlinien, die am Wochenende in attraktiven Landschaften verkehren.

Der Urlaub-Tageswanderer gibt mehr Geld für Einkehr und Einkauf aus, ansonsten unterscheidet er sich kaum vom Wochenend-Tageswanderer.

Alle Wanderer sind jahreszeitunabhängig unterwegs!

Weitwanderer

Weitwanderer legen auf einem Fern- oder Weitwanderweg täglich zwischen 15 und 25 km zurück. Mindestens alle 2 Stunden wird eine Rast eingelegt, wozu einfach ausgestattete Rastplätze (Liegewiese, Bank) in schöner Umgebung ausreichen. Die Mittagspause wird vorzugsweise in einem Gasthaus (einfaches Essen, im Sommer mit Außenbewirtung!) verbracht. Bei langen Tagesetappen wird ein zweites Mal eingekehrt (Kaffeepause). Ein entscheidender Faktor für den Weitwanderer sind die Übernachtungsmöglichkeiten. Familien mit Kindern benötigen Wanderheime, Naturfreundehäuser oder Jugendherbergen, andere Wanderer bevorzugen traditionelle Gasthäuser, die aber dennoch Komfort bieten müssen (Dusche/WC im Zimmer, aber nicht unbedingt Telefon oder TV).
Die Küche muss regional und gut sein, maximal mittleres Preisniveau. Der Weitwanderer isst abends gerne ein mehrgängiges Essen, trinkt dazu Bier aus der örtlichen Brauerei oder den Wein der Region. Für den Weitwanderer ist das Erkunden einer Landschaft in all ihren Facetten, also auch der Küche, Grundprinzip!

Er geht bei (fast) jedem Wetter, ist entsprechend ausgerüstet und wandert am liebsten auf Naturpfaden, die durch eine attraktive Landschaft führen. Der Tageswanderer wie der Weitwanderer suchen ursprüngliche Natur, natürliche Stille, Aussichten, Wasser, Höhlen, Felsen, alte Bäume, Wiesen, Heiden, historische Gebäude, archäologische Fundstellen und nicht zuletzt Einkehrmöglichkeiten (es reicht eine bewirtschaftete Hütte). Dazu braucht er gute Karten (Maßstab 1 : 25 000 oder 1 : 50 000 auf der Grundlage der amtlichen Karte), einen zuverlässigen Führer (evtl. reicht ein Kurzführer in Form eines Heftes oder eines guten Faltblattes aus), zuverlässige und verständliche Wegweiser (Modell Schweiz, aber mit Zeitangaben statt Kilometerangaben) mit der Kennzeichnung für den Weitwanderweg.

Was liebt der Wanderer nicht? Müll in der Landschaft (auch keinen Agrarmüll), motorisierten Verkehr, Lärm, ungepflegte Bänke und Hütten, längere Asphaltstrecken, zerfahrene und zerrittene Wege. Manchmal stören Mountainbiker, Radfahrer und Reiter, sofern sie auf schmalen Pfaden oder mit hoher Geschwindigkeit unterwegs sind.

Weitwanderer sind Urlauber, die längere Zeit in einem Gebiet unterwegs sind. Sie fahren mit öffentlichen Verkehrsmitteln zum Ausgangspunkt und wieder zurück.

Freizeitradler

Vorbemerkungen:

Der sportliche Mountainbiker wird hier nicht berücksichtigt, da diese Fun-Sportart sicher nicht zum sanften Tourismus gezählt werden kann, vor allem bei Nutzung eines E-Mountainbikes. Zu groß sind die Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft und die Störungen anderer Erholungssuchender beim Befahren schmaler Wanderpfade - was in den meisten Ländern sowieso verboten ist.  Eine Förderung des Mountainbikens ist deshalb kontraproduktiv! Viele Freizeitradler fahren aber mit dem Mountainbike, um auf weniger guten Wegen pannen- und unfallfrei durchzukommen. Diese weniger guten Wege sind an sich die besten Wanderwege. Um Konflikte zu vermeiden muss das geltende Wege-Recht durchgesetzt werden. Grundsätzlich ist eine Trennung von Rad- und Wanderwegen sinnvoll.

Der Freizeitradler fährt etwa 10 bis 25 km auf einem Rundkurs, dessen Ausgangspunkt er – wenn er nicht von zu Hause losfährt – er mit dem Auto erreicht. Da der Flüssigkeitsverlust beim Radeln hoch ist, nutzt er mindestens einmal die Gelegenheit zum Einkehren, wobei er aber meist nur Getränke konsumiert. An den Radweg stellt er Ansprüche: möglichst asphaltiert oder feinkörnig-fest wassergebunden, ohne Verschmutzung durch Ackerboden. D.h. landwirtschaftliche Wege kommen nur dann in Frage, wenn sie durch Wiesen führen oder von den Landwirten zuverlässig sauber gehalten oder gereinigt werden.

Kleinere Steigungen werden akzeptiert, am liebsten sind dem Radler ebene Radwege in windgeschützten Flusstälern. Er bevorzugt wie der Wanderer attraktive Landschaften, reagiert aber wegen der höheren Geschwindigkeit und der damit verbundenen Minderung der Eindrücke weniger sensibel auf Störungen des Landschaftsbildes.

Außerdem steht beim Radfahren der sportliche, gesundheitsfördernde Aspekt eher im Vordergrund als beim Wanderer. Eine Radtour wird nur bei schönem Wetter unternommen, im Winter ist das Radfahren zu vernachlässigen.

Meist wird am Wochenende in Wohnortnähe geradelt. Immer mehr Urlauber machen von ihrem Standquartier aus Tagesradtouren in der Umgebung. Dazu benötigen sie Karten im Maßstab 1 : 50 000 oder 1 : 100 000 und eine zuverlässige Wegweisung, die sich aber nicht auf vorgegebene Rundstrecken beziehen darf sondern ähnlich der Wegweisung für den Autoverkehr aufgebaut sein soll (ADFC-Richtlinien).

Radwanderer

Der Radwanderer legt auf seiner mehrtägigen Ferien-Radtour täglich zwischen 50 und 100 km zurück. Er benötigt mehrmals täglich eine Einkehr- oder Jausenstation und ähnlich wie der Weitwanderer eine Übernachtungsmöglichkeit, welche die unterschiedlichsten Ansprüche befriedigt. Dazu kommt eine überdachte Fahrradgarage und eine Werkzeug- und Ersatzteilausstattung. An der Strecke sollten Fahrradwerkstätten liegen (mindestens alle 20 km). Übernachten und Abendessen können räumlich getrennt sein, da der Radler flexibel ist.

Die Ansprüche an Weg und Landschaft sind die gleichen wie beim Freizeitradler. Die bevorzugte Jahreszeit ist der Sommer, wobei die Wetterempfindlichkeit geringer als beim Freizeitradler ist.

Neben der normalen Wegweisung für Radfahrer ist eine zusätzliche Bezeichnung für den Radwanderweg anzubringen. Der Führer muss sich am Standard der Radführer des Esterbauer-Verlages (bike-line-Führer) orientieren. Die Radkarte (Maßstab 1 : 100 00) ist dann nicht unbedingt notwendig.

Die Anfahrt zum Ausgangspunkt und die Rückfahrt erfolgen mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Ein Problem ist die je nach Region unterschiedliche Mitnahmemöglichkeit in Bus und Bahn. Hier müssen einheitliche Bedingungen zu günstigen Preisen geschaffen werden.

Fazit

Der Radwanderer benötigt auf 50 bis 100 km Strecke eine Übernachtungsmöglichkeit und etwa 3 Einkehrmöglichkeiten, der Weitwanderer auf 15 bis 25 km eine Übernachtungsmöglichkeit und 2 Einkehrmöglichkeiten. Das Wandern erfordert daher eine um das 2- bis 5-fach höhere Dichte an Gasthäusern, Hütten usw.. Die Infrastruktur (Übernachten, Einkehren) wird vom Wanderer intensiver genutzt.

Radwege müssen zunächst gebaut, dann regelmäßig unterhalten und bei Bedarf gekehrt werden. Wanderwege sind in der Regel vorhanden. Als Pflege genügt bei Bedarf das Ausräumen von Waldstrecken oder das Ausmähen von zugewachsenen Wegen.

Der Investitions- und Unterhaltungsaufwand ist bei den Radwegen höher.

Gewandert wird das ganze Jahr. Das Winterwandern nimmt wegen der immer milderen Winter sogar stark zu und ist zum Beispiel auf der Schwäbischen Alb besonders attraktiv, da die Felsen und Aussichtspunkte am Albtrauf besser sichtbar sind. Radfahren beschränkt sich hauptsächlich auf das Sommerhalbjahr. Aber: Tageswanderer und Freizeitradler sind Schönwettertouristen.

Der Wanderer stellt höhere Ansprüche an die Attraktivität der Landschaft, da er wegen der geringeren Geschwindigkeit genauer beobachtet und die Eindrücke intensiver wahrnimmt. Er nutzt gerne schöne Rastplätze und Hütten, er kehrt aber auch im Gasthaus ein. Der Radler rastet lieber an Ausflugsgaststätten.

Wandern und Radfahren benötigen eine zuverlässige, optimierte Wegweisung, die leicht verständlich ist. Der Markierungsaufwand ist beim Wanderweg höher.

Weitwanderer und Radwanderer fahren mit dem öffentlichen Verkehrsmittel, Tagestouristen mit dem Auto. Aber der Anteil des öffentlichen Verkehrs nimmt bei einem attraktiven Angebot zu.

Ergebnis:

Das Wandern fördert das Gastgewerbe stärker, da eine höhere Dichte an Einrichtungen erforderlich ist. Wanderer geben mehr Geld aus. Für Wanderer sind keine Investitionen in Wege notwendig, es kostet nur geringen Unterhaltungsaufwand. Wandern hat immer Saison, Radfahren hauptsächlich im Sommerhalbjahr.

Wandern erfordert aber eine größere Attraktivität der Landschaft, d.h. Gewässerrenaturierung, Bepflanzungsmaßnahmen in ausgeräumten Landschaften, Landschaftspflege, extensivere Landwirtschaft mit hohem Grünlandanteil, attraktives Ortsbild mit regionaltypischen Gebäuden usw.. Radfahrer sind hier „toleranter"! Dennoch fördern Verbesserungen des Landschafts- und Ortsbildes gleichermaßen Wandern und Radfahren.

Wander- und Radtourismus nehmen zu. Da aber vom Wandertourismus mehr positive Impulse für die regionale Wirtschaft bei geringerem Investitions- und Unterhaltungsaufwand ausgehen, sollte die Förderung des Wandertourismus zukünftig im Vordergrund stehen.

Günther Krämer 9.9.04

Quellen:

Brämer, Krippendorf, Opaschowski, BAT-Institut, Megerle, Deutscher Wanderverband, ADFC, VCD, Deutsche Gesellschaft für Freizeit, Bätzing, Europäische Wandervereinigung, SAW Schweizer Wanderwege usw.