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Von Biberspuren und Urzeitmenschen - Eine Lonewanderung in zwei Tagen

 

Text: Thomas Mahr und Günther Krämer

(erster Teil erschienen in "Sonntag aktuell" am 3.2.02)

 

Fotos: Günther Krämer

 

 

Eine Wanderung entlang der Lone ist nicht nur eine Flussbegehung, sondern auch ein Gang zurück in die Urzeit des Menschen. Mit seinen Höhlen und den dort gefundenen Elfenbeinplastiken zählt das Lonetal zu den Geburtsstätten der bildenden Kunst. Aber heute erwartet den Wanderer kein urgeschichtlicher Bachlauf mehr; der Mensch hat die Lone seit dem frühen Mittelalter beständig seinen Bedürfnissen angepasst.

 

„Von allen württembergischen Flüssen ist wohl die Lone der interessanteste“, stellte der Altmeister der südwestdeutschen Geologie, der Tübinger Professor Georg Wagner fest. Nicht nur, dass die Lone älter als die Donau ist, ihre Geschichte ist auch weitgehend entschleiert. Fils und Neckar haben der Lone das Wasser abgegraben, so dass sich heute ihr Quelltopf nicht am Talanfang, sondern im viel zu großen Tal der Urlone befindet. 562 m über dem Meer liegt der Lonetopf mitten im Lonseer Ortsteil Urspring. Nach dem idyllischen, türkisblauen Beginn verhindern Zäune und Mauern leider gleich zu Anfang den Kontakt zum Bach. So eingemauert kann kein Tier Zugang zum Bach finden.

 

 

Doch gleich nach dem Ortsende kommen wir gut an den Bach und freuen uns über eine vielseitige und fast landschaftsgerechte Bepflanzung. Was Wunder, dass hier eine Wasseramsel knapp über der Wasseroberfläche vorbeifliegt. Leider fehlen die vom Wassergesetz vorgegebenen Randstreifen, was nicht nur dem Bach schadet, sondern auch unsere Schuhe mit Lehm beschwert.

 

Die Lone fließt hier viel zu schnell. Das liegt daran, dass der Bachlauf in den 70er und 80er Jahren tiefer gelegt und begradigt wurde. Diese Maßnahme hat die Talaue trocken gelegt, und dadurch konnte Grünland in Ackerland umgewandelt werden. Schattenseite dieser intensiven landwirtschaftlichen Nutzung ist unter anderem der hohe Nitratgehalt und die Trübung des Wassers durch abgeschwemmten Ackerboden.

 

Schon nach 2 Kilometern kommt Lonsee, dessen drei Mühlen früher das Lonewasser nutzten. Heute mahlt nur noch die Obere Mühle Getreide, allerdings mit elektrischem Strom. Im Zuge des oben erwähnten Loneausbaus wurde dem Müller das Wasserrecht abgekauft und die Mühle trocken gelegt. Eine mächtige alte Weide und eine Pappelreihe zeigen heute noch den Verlauf des alten Mühlbachs.

 

Mit dem Argument der Hochwassergefahr wurde fast der komplette Bach aus dem Ort verbannt und trifft erst bei der Mittleren Mühle beim Rathaus auf das alte Bett. Bei diesen Baumaßnahmen wurde wenigstens die alte Steinbogenbrücke erhalten. Als Ausgleich für die Bachregulierung und zur landschaftlichen Bereicherung des Lonetals wurde zwischen Lonsee und Halzhausen ein künstlicher See geschaffen, der im Sommer allerdings wegen des hohen Nährstoffgehalts des zufließenden Lonewassers immer wieder umkippt.

 

Rasch erreichen wir Halzhausen: Vesperpause im luxuriös gebauten Buswartehäuschen. Der Ablauf der Halzhauser Kläranlage ist der „wasserreichste Lonezufluss“. Und gerade hier beginnt das Reich des Bibers. Gefällte Bäume von erstaunlichem Durchmesser und entrindete Äste sind deutliche Spuren. Warum müssen hier dann auch noch mit der Motorsäge „Pflegemaßnahmen“ von Menschenhand sein? Eine Biberburg im Wasser können wir nicht finden, höchstwahrscheinlich benützt der Biber einen verlassenen Bisambau. Kurz vor Westerstetten nach der idyllischen Taublindermühle zwingt uns der stark befahrene Bahndamm auf einen Umweg abseits der Lone. Hier endet der ökologisch höher wertige Teil der Lone.

 

In Westerstetten selbst kommen wir gut am Bachlauf entlang, da das Neubaugebiet mit gehörigem Respekt Abstand hält. Der Lauf der Lone wirkt allerdings sehr künstlich. Der Weg vor und nach dem Rathaus ist aber nur wagemutigen Bachwanderern zu empfehlen. Am Ortsende fließt die Lone kanalähnlich. Hier beginnt der Teil des Lonetals, den viele Sonntagsausflügler als malerisch empfinden, der Bach selbst aber ist ein lebloses Gerinne, dessen Bett mit Betonsteinen ausgepflastert ist. Diese Maßnahmen wurden in den 60er und 70er Jahren einzig im Interesse der modernen Landwirtschaft durchgeführt, um den Grundwasserspiegel zu senken und die Wiesen zu entwässern. Doch heute hat sich die Einschätzung der Fachleute geändert, und mit Maßnahmen der Gewässerentwicklung sollen die ökologisch nachteiligen Auswirkungen gemildert werden.

 

Unterhalb Breitingen passieren wir die Schönrainmühle, die letzte erhaltene, doch heute stillgelegte Lonemühle, die schon früher bei Wassermangel einen Pferdegöpel als Hilfsantrieb nutzte. Am Häldelesfels versickert die Lone in trockenen Jahren, spätestens am Mehlsackfelsen ist dann das Lonebett für viele Kilometer wasserlos. Gerade diesen Bachabschnitt hat sich dank der vorhandenen Ufergehölze wieder ein Biber als Lebensraum ausgesucht, was die Nagespuren eindeutig beweisen. Gut, dass sich dieses Tier seinen angestammten Lebensraum zurückerobert hat und der Schaden für die Landwirtschaft sich in Grenzen hält!

 

Ab hier fließt die Lone sehr hoch am Rand der Talaue, weil sie früher die Wiesen bewässern sollte; heute verhindert dies ein Damm. Welcher Bachwanderer kann schon am Fohlenhaus vorbeigehen ohne an dieser malerischen Höhle Rast zu machen? Bald kündigen die mächtigen Pfeiler der Autobahnbrücke nach 24 km das Ende des ersten Wandertages an.

 

 

Zurück an der Lone begleitet uns am zweiten Wandertag der Lärm der Autobahn über die Gemarkung Nerenstettens hinaus. Der Blick auf die Lone stimmt uns nicht gerade optimistisch: Fast kein Uferbewuchs, keine Tiere außer Stockenten und vom Lehm eingetrübtes Wasser. An manchen Stellen sieht man, wie der Ackerboden direkt in die Lone gespült wird.  Auch der wasserlose Graben des Hungerbrunnens, der hier mündet, ändert nichts an dem traurigen Bild der Lone.

 

Bei diesem Bachbett ist der Abstecher zur Bocksteinhöhle eine willkommene Ablenkung. Ein Teil der Höhlendecke ist unlängst eingestürzt, unter den Trümmern entdecken wir ein quicklebendiges Hermelin im weißen Winterkleid. Im Sumpfgebiet unterhalb des Bocksteins bleibt uns nichts anderes übrig, als die Lone halsbrecherisch auf einem Baumstamm zu überqueren. Hier mäandriert die Lone ungehindert, und schon findet der Eisvogel am Prallhang einen Platz zum Bau einer Bruthöhle. Am Hohlenstein führt kein Weg vorbei. In einer dieser Höhlen wurde der berühmte Löwenmensch aus Elfenbein gefunden.

 

Das ganz in der Nähe liegende Lindenau mit seinem Ausflugslokal lockt. Zur Mittagszeit wird der Wanderer gastlich empfangen. Hier findet man immer einen Gesprächspartner. In unserem Fall war es sogar der Förster, der die Entdeckung des Eisvogels bestätigte. Gesäumt von Felsen wechseln enge und weitläufige Talabschnitte ab. Weiche Zementmergel räumte die Lone im Laufe der Jahrtausende aus, während die harten Massenkalke dem Wasser widerstanden. Auch die Vogelherdhöhle nötigt uns zu einer Rast. Noch heute erkennt man an dieser freien nach Süden offenen Lage, dass sich die Menschen der Steinzeit dort gerne niedergelassen haben.

 

 

Schöne naturnahe Eichenwälder, malerische Felsen und Heideflächen am Rand des Tals, doch am Bach das gleiche Bild. An beiden Ufern Ackernutzung bis zur Lone. Und dazu noch schussgerechte Wildfütterung am Wasser, der Jägerstand nicht weit davon. Das inmitten von Wiesen und Wald anmutig gelegene Lontal ist seit Breitingen wieder das erste Dorf im Tal. Verschüttet von der Straßenböschung speisen hier Karsthangquellen die Lone mit frischen Wasser. Der Blick in die Gärten, dazu die Weidenwildnis am Ufer verleiten zur Ansicht, die Zeit sei hier stehen geblieben. Das Gespräch mit einem älteren Ehepaar, das noch eine Landwirtschaft betreibt, holt uns in die Realität zurück. „Schuld am Zustand des Lonewassers sind einzig die Autobahn und die Kläranlagen.“ Schade dass der ehemals so zünftige Biergarten hier für immer geschlossen hat.

 

Bald taucht die Kaltenburg auf, welche auf die Mündung der Lone in die Hürbe blickt. Es soll ein Geografenstreit bleiben, ob denn nicht die Hürbe in die Lone fließt. Wir gehen dieser Frage aus dem Weg, indem wir dem Bachlauf weiter bis zur Mündung in die Brenz folgen. Doch zunächst gilt es den Zusammenfluss von Lone und Hürbe zu bewundern, den eine uralte Weide bewacht. Trotz Müllablagerungen und Straßenbrücke sind die letzten Meter Lone Urwaldgenuss pur.

 

Anmerkungen:

 

Lone: Vielerlei Deutungen gibt es für den Namen der Lone. Sehr wahrscheinlich ist er, wie viele Flussnamen, keltischen Ursprungs und bedeutet „Gewässer mit unregelmäßiger Wasserführung“. Nach anderen Deutungen könnte es aber auch von lu = Schmutz, Morast (indogermanisch) kommen, da die Lone in der Schneeschmelze und nach Starkregen sehr trübes Wasser führt. Diese Trübe hat in früheren Jahrhunderten die Talwiesen gedüngt. Das römische Kastell Ad Lunam bei Urspring bedeutet also nicht, wie böse Zungen behaupten, „hinterm Mond“, sondern ganz schlicht „An der Lone“.

 

Wanderungen am Fluss entlang werden am besten im Winterhalbjahr durchgeführt. Zum einen werden die Vögel nicht beim Brüten gestört, zum andern kommt man einfach besser voran, da im Sommer die Ufer wegen der Überdüngung meterhoch mit Brennnesseln bewachsen sind. Der aufmerksame Beobachter kann viele Vogelarten entdecken: Wintergoldhähnchen, Zaunkönig, Eisvogel, Graureiher, Wasseramsel, Buntspecht, Schwarzspecht, Stockente, Kolbenente, Blässhuhn, Höckerschwan, um nur eine wenige zu nennen. Unerlässlich ist die Benützung einer exakten Karte (neueste Ausgabe), am besten die amtliche Topographische Karte 1: 25 000, Blätter 7425 Lonsee, 7426 Langenau, 7427 Sontheim an der Brenz.

 

Einkehrmöglichkeiten:

Lonsee: Gasthaus zum Löwen

Westerstetten: Gasthaus zum Adler, Pizzeria Ciao-Ciao

Breitingen: Speisegaststätte Lonetal, Gasthaus zur Krone

Nerenstetten (1km abseits): Gasthaus zum Adler, Übernachtungsmöglichkeit

Ausflugsgaststätte Lindenau (1,2 km abseits), sehr empfehlenswert!

Stetten o.L. (1,5km abseits): Gasthof zum Adler

Hermaringen: Bahnhofsgaststätte

Wichtig: Vorher telefonisch die Öffnungszeiten erfragen!

 

Zum Ausgangspunkt Urspring gelangt man mit der Regionalbahn, die am Wochenende zweistündlich von Ulm oder Geislingen nach Urspring fährt. Die Rückfahrt erfolgt dann vom Bahnhof Hermaringen (stündliche Abfahrt Richtung Ulm).