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22 km entlang der Nau - eine Flußerkundung zu Fuß

Bilder: Günther Krämer

Wenn ein Gewässerkundler die Nau entlang ginge, würde er diese grob in vier Abschnitte gliedern. Anfänglich fließt die Nau im Stadtbereich Langenaus und prägt damit das Stadtbild. Nach der Ostermühle beginnt der Abschnitt im Ried, wo die Nau zwar schön mäandriert, aber kaum noch naturnahen Uferbewuchs aufweist. Ganz anders nach Leipheim. Dort fließt sie durch einen Auenurwald, der sogar dem Biber wieder eine Heimat gegeben hat. Traurig dagegen der letzte Flußkilometer durch den Günzburger Donauwald, in dem die Nau in einem begradigten Kanal eiligst der Donau zustürzt.

Nach einer alten Ortsbeschreibung sei Langenau der quellenreichste Ort Deutschlands. Also geht der Wanderer, der den Ursprung sucht, zu dem Quelltopf, der am weitesten von der Mündung entfernt ist. Nach kurzer Diskussion, ob denn der Rohrbrunnenbach oder Rohngraben, der aus dem Rohngrabentälchen kommt, nicht doch als Quellfluß zu bezeichnen ist, fällt die Entscheidung mangels Wasser im Graben für den Quelltopf beim Naturfreundehaus. Doch was ab hier seinen Lauf nimmt, ist nicht etwa sofort die Nau sondern die Warme Ach.

Mit dem Wasserreichtum verknüpft ist die Vielzahl der Langenauer Mühlen. Schon nach wenigen Hundert Metern erkennt der geübte Blick die Obere Mühle. Wenn man um das direkt am Bach stehende Haus geht, sieht man noch das Mühlenwehr. Weitaus besser zeigt nach kurzem Lauf und dem nächsten Quelltopf die Öchslesmühle ihren ursprünglichen Charakter. Leider dienen die Mühlsteine heute nur noch als Hofbelag.

Bis hierher besitzt Langenau noch einen sehr ursprünglichen Charakter. Die malerische Dorfidylle mit Bach, Mühlen und Sumpfwiesen wird nur von Tennisplätzen und einer störenden "Geflügelfarm" unterbrochen. Und nur das naheliegende Neubaugebiet beweist, daß man sich in einer größeren Stadt befindet.

Auch die Langmühle ist nicht mehr in Betrieb. Der imposante Backsteinbau dient als  heruntergekommenes Wohn- und Lagerhaus. (Anmerkung: Sie ist zum Teil renoviert worden, derzeit ist das Mühlengebäude in Arbeit, und wird in Zukunft als hochwertiges Wohngebäude genutzt werden)

Kurz danach beginnt der innerstädtische Bereich der Ach, wo sie beinah unbemerkt ihren ersten Nebenfluß aufnimmt, den aus Hörvelsingen kommenden Flözbach. In der Ach- und der Wasserstraße haben die Stadtväter hervorragend demonstriert, wie Bach und Stadt harmonisieren können. Zum perfekten Idyll fehlt nur noch ein Straßencafé.

Doch bald muß sich die Ach verstecken, wird in Beton gefaßt, man kann ihrem Lauf nicht mehr folgen.

Aber die Wörth versöhnt sofort wieder. Welche Stadt kann schon solch eine ökologisch wertvolle Naturzone als Stadtpark aufweisen. Hier entsteht aus weiteren Quelltöpfen das kalte Gegenstück zur Warmen Ach. Ein Wasserrad erinnert an die Mühlentradition Langenaus. Bald speisen der Löffelbrunnen - im Hintergrund das schöne Gerberhaus - und der Simontalgraben die Kalte Ach. Auf einem schönen Spazierweg geht es zum Kalmenbrunnen, dem größten aber nicht wasserreichsten Quelltopf der Ach. Der schöne Blick wird nur durch das Fahrsilo mitten in der Talwiese getrübt.

Gleich danach vereinigen sich Kalte und Warme Ach zur Nau. Aber jetzt hat der Fluß einiges zu verkraften. Stört das leerstehende Lederfabrikgebäude nur das Auge, so muten Kläranlage und bis ans Wasser gepflügte und gedüngte Äcker der Nau einiges zu. Die Ostermühle macht dann etwas von dem schlechten Eindruck wieder wett.

Nach der Eisenbahnunterführung beginnt das Ried. Ab hier durchfließt die Nau die Wasserschutzzone II. In einiger Entfernung sieht man die Gebäude der Landeswasserversorgung. Der Fluß windet sich hier in großen Schlingen durch die Landschaft, der Naturschützer würde sich aber mehr Bäume und Sträucher entlang des Flusses wünschen. Der Wasserqualität wären Wiesen sicherlich zuträglicher als Äcker, doch diese sind vorherrschend, so daß man am Ufer entlang kaum mehr weiterkommt. Auch die den Fluß begleitenden Gehölze sind maschinengerecht zusammengestutzt worden.

Kurz nachdem der letzte Zufluß der Nau, der aus Göttingen kommende Schammenbach, mündet, sperrt ein Wehr den Fluß ab, an dem sich der gesamte im Fluß schwimmende Zivilisationsmüll sammelt. Tennisbälle, Schnaps- und andere Flaschen und Styropor liegen neben einer toten Taube.

Es folgt die noch in Betrieb befindliche Sixenmühle als letztes Gebäude auf Langenauer Gemarkung. Jetzt beginnt der zweitschönste Abschnitt dieser Tagestour. Überall Wiesen, Heckenreihen, Baumgruppen und im Osten das Naturschutzgebiet. Im Frühjahr und Herbst kann man hier sogar Störche und Graugänse beobachten. Ansonsten begleiten den Wanderer reichlich Stockenten, Bläßhühner und Schwäne, die vor allem zur Brutzeit nicht ganz ungefährlich sind.

Man merkt, daß man jetzt in Bayern ist, da der Flußlauf mit Steinen markiert ist, später sogar mit genauen Kilometer- und Meterangaben. Kurz vor Riedheim wieder intensiver Ackerbau, und schon empfängt der Ort den Wanderer mit einer stillgelegten Mühle. Leider kann man dem Flußlauf durch den Ort nicht exakt folgen. Erst am Ortsende stößt man wieder auf die Nau.

Der kundige Beobachter wird bald die ersten Nagespuren des Bibers sehen. Am Ortsrand von Leipheim ist es nur Abenteurern möglich, weiter am Fluß zu gehen. Man muß über Zäune steigen, durch Hausgärten und Pferdekoppeln laufen und sogar waghalsige Klettertouren am Ufer unternehmen, vorbei an Stacheldraht und Thujahecken.

Dann taucht die Nau in den Donau-Auwald ein. Ein Urwald, wie man ihn so nah in der Heimat nicht vermutet und der dem Biber eine ideale Lebensgrundlage bietet. Hier kommt der Naturschützer in einen Gewissenkonflikt. Soll er den erlaubten Wegen folgen oder in die Wildnis eindringen in der Hoffnung, einen Blick auf den Biber zu erhaschen.

Ganz nah ist die Nau der Donau, aber die Mündung verschleppt sich doch noch auf dreieinhalb Kilometer. In der Nähe der Günzburger Sportanlagen endet der Urwald abrupt. Auf dem letzten Kilometer, der künstlich begradigt wurde, verabschiedet sich die Nau schnell fließend in die ebenfalls begradigte Donau.

22 Kilometer entlang der Nau liegen hinter uns, über 6 Stunden Fußwanderung mit zum Teil großartigen Naturerlebnissen, aber auch mit Eindrücken, die nachdenklich machen oder uns gar sorgenvoll in die Zukunft blicken lassen. Diese Wanderung ist ein Lehrstück  für den Umgang des Menschen mit der Natur.

Thomas Mahr & Günther Krämer

(veröffentlicht in der Langenau aktuell, wöchentliche Lokalausgabe der SüdwestPresse Ulm)