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Wanderparadiese und Schlaraffenländer: Tschechien und Slowakei

 

Auf in den Osten!

 

Als Geograph hängt man immer wieder irgendwelchen Reise- oder Wanderträumen nach. Viele dieser Träume habe ich mir in meinen jetzt 52 Lebensjahren erfüllen können. Einer steht noch aus: Zu Fuß von der Schwäbischen Alb nach Czernowitz in der Bukowina zu gehen. Nach Czernowitz ist es noch weit. Ich bin nämlich auf dem Weg dorthin in einem wahren Wanderparadies hängengeblieben!

 

Im Frühjahr (Deutschland) und Sommer (Tschechien) 2000 sowie im Sommer 2001 (Slowakei) habe ich folgende Landschaften durchwandert:

 

Schwäbische Alb

Ries

Fränkische Alb

Oberpfälzer Jura

Fränkische Schweiz

Fichtelgebirge

Elstergebirge/Vogtland

Erzgebirge

Sächsisch-Böhmische Schweiz

Lausitzer Bergland

Zittauer Gebirge

Jeschkenkamm

Isergebirge

Riesengebirge

Braunauer Land / Wekelsdorfer Felsen

Adlergebirge

Glatzer Bergland

Altvatergebirge

Gesenke

Odersenke

Mährisch-schlesische Beskiden

Kischützer Beskiden

Arwa-Beskiden

Choc-Berge

Liptau

West-Tatra

Hohe Tatra

Weiße Tatra

Zips

Niedere Tatra

Slowakisches Paradies

 

Die Etappen waren 15 bis 30 km lang, es waren bis zu 1450 Höhenmeter Anstiege zu bewältigen (Hohe Tatra). Nachstehend die Etappenorte:

Heidenheim/Brenz – Neresheim – Nördlingen – Harburg – Wemding – Heidenheim/Mittelfranken – Treuchtlingen – Weißenburg – Thalmässing – Berching – Deining – Neumarkt Obpf. – Altdorf – Hersbruck – Spies/Schermshöhe – Pottenstein – Glashütten – Bayreuth – Warmensteinach – Großer Waldstein – Schönwald – Bad Brambach – Klingenthal-Aschberg – Johanngeorgenstadt – Stolzenhain/Haj pod Klinovecem – Satzung – Olbernhau – Fischerbaude bei Holzhau – Mückentürmchen/Komari Vizka  bei Graupen/Krupka – Tisa/Tyssa – Mezni Louka – Chribska – Oybin – Jeschken/Jested – Reichenberg/Liberec – Klein-Iser/Jizerka – Reifträger-Baude/Szrenica – Schneekoppe/Schronisko Strzecha Akademicka – Schatzlar/Zacler – Radowenz/Radvanice – Police an der Mettau – Neustadt an der Mettau/Nove Mesto n. M. – Deschney/Destne v Orlicky horach – Rocknitz/Rokytnice – Grulich/Kraliky – Georgsschutzhaus/Jiriho-Bauda auf der Hochschar/Serak – Alfredhütte/Chata Alfredka bei Römerstadt/Rymarov – Budisov – Troppau/Opava – Ostrau/Ostrava – Frydek-Mistek – Hnojnik – Horni Lomna – Cadca – Velka Raca – Oravska Lesna – Kubinska hola – Liptovsky Mikulás – Bobrovecka Vapenica – Podbanske – Strbske Pleso – Sliezsky dom – Hrebienok – Chata pri Zelenom plese – Zdiar – Leutschau/ Levoca – Rosenberg/Ruzomberok – Malinné/Vlkolinec – Salatin/Ruzomberok – Liptovský Mikulás - Jasna – Dumbier/Chata Stefanika – Certovica – Cingov (Standquartier für Rundwanderungen im Slowakischen Paradies).

 

Den größten Teil der Strecke bin ich allein gegangen (über 4 Wochen), wochenweise waren wir zu zweit, zu dritt, zu sechst ... Die Anfahrt und die Rückfahrt erfolgte meist mit der Bahn, nur für die letzte Rückfahrt aus der Slowakei benutzte ich den Linienbus von Bratislava nach Deutschland (sehr kostengünstig, z.B. Bratislava – Ulm für DM 85.-).

 

Übernachtet wurde je nach Möglichkeit im Massenquartier einfacher Berghütten über Dorfgasthäuser bis zum dennoch kostengünstigen slowakischen Luxushotel.  Auch ohne Reservierung gab es nur selten Probleme. Nur in der Böhmischen Schweiz, im Riesengebirge und in der Hohen Tatra ist in der Hochsaison eine Reservierung ratsam.

 

Ich erspare mir eine Beschreibung des Präludiums auf deutschem Boden (hohe Übernachtungskosten, Probleme mit der Bahn, Teerwege sogar im Wald, schlechte Wanderkarten (Fichtelgebirge), ungeeignete Führerliteratur, arrogante und ignorante deutsche Grenzer an der grünen Grenze zu Tschechien  (ich hatte wohl einen Asylanten im Rucksack versteckt?) ... Konsequenz: Wir haben wann immer möglich den E3, der auf deutscher Seite verläuft, verlassen und sind schon im Erzgebirge auf tschechischem Gebiet, möglichst in Kammnähe durch beinahe menschenleere Vogelbeerwälder und Hochmoore gewandert, haben sehr gut gegessen und günstig übernachtet. Gab es Probleme, haben die freundlichen Tschechen, so gut es ging, geholfen, was man von den deutschen Landsleuten nicht oft behaupten kann.

 

Die Böhmische Schweiz ist für unsere sächsischen Landsleute ein äußerst kostengünstiges Urlaubsgebiet, daher waren hier die Quartiere meist ausgebucht. Aber schon das Lausitzer Bergland, nur wenige Kilometer östlich, ist als Urlaubsgebiet nicht mehr gefragt. Dafür sind hier vor allem am Wochenende die Tschechen mit Kind und Kegel, Rucksack, Eimer und Korb unterwegs, einfach zum Erholen in der Natur, aber vor allem zum Pilze- und Beerensammeln. Im Jeschkengebirge nicht versäumen: Eine Übernachtung im futuristischen Hotel im neuen Jeschkenturm (Jested). In Reichenberg/Liberec dann als Kontrastprogramm das originale Jugendstilhotel (inkl. Innenausstattung!) Praha.

 

Im Isergebirge bedrückt den ökologisch interessierten Menschen der völlig abgestorbene Wald. Zum Pflichtprogramm gehört ein Besuch in Klein-Iser beim Weitwanderpionier Gustav Ginzel in seinem berühmten Misthaus. Leider ist Gustav äußerst selten daheim, beim letzten Versuch wegen Krankheit! Alles Gute für Gustl!  Kulturschock dafür anschließend im Skizentrum Harrachsdorf/Harrachov.

 

Das Riesengebirge bietet eine perfekte Infrastruktur für den Wanderer. Dabei liegen die schönsten alten Bauden auf der polnischen Seite, werden aber leider nicht besonders gut geführt, außerdem sind die Preise um ein Vielfaches höher als auf der tschechischen Seite, wo vor allem das Angebot an Speisen beeindruckt! Reifträgerbaude, Elbequelle, Schneekoppegipfel gehören zum Pflichtprogramm. Bei der letzteren muss man sich nur in die Schlange einreihen. Menschenmassen sind hier unterwegs. Hauptgrund sind die Sessellifte, die von polnischer und tschechischer Seite heraufführen. Die Ausicht vom Gipfel wird nur durch die Erdkrümmung begrenzt, wenn es klar ist!

 

Viel ruhiger geht es auf der Ostabdachung des Riesengebirges zu, wo Schatzlar und Trautenau wichtige Etappenorte sind, wo man von nicht vertriebenen Sudetendeutschen Nachhilfe in Geschichte bekommt und ihre Gastfreundschaft genießen darf, die nicht geringer als die der Tschechen ist.

Beeindruckend die Städte: Aus einem Guß Neustadt an der Mettau, eine Architektur-Lehrstadt Nachod.

Kontrastprogramm: Das Sandstein-Naturwunder der Wekelsdorfer/Teplitzer Felsenstadt, wo die Erosion ein Felsenlabyrinth geschaffen hat, das die Böhmisch-sächsische Schweiz an Formenvielfalt leicht in den Schatten stellt.

Szenenwechsel: Das Adlergebirge, weiche Formen, unendliche Wälder, kaum Menschen.

Manchmal wechsle ich auf die polnische Seite der Grenze, wo Landwirtschaft wie vor 100 Jahren betrieben wird, wo Buchweizen, Hafer und Mohn häufige Kulturpflanzen sind, und wo das Pferd noch als Nutztier und nicht zum Vergnügen gehalten wird, wo Landmaschinen im Einsatz sind, die bei uns nur noch im Museum zu bewundern sind.

 

 

Im Altvatergebirge wiederholt sich die Landschaft des Riesengebirges, baumlose Höhenrücken, Wolkenspiele, Wind, aber auch unendliche Aussicht auf alle Seiten und Heidelbeeren, bis der Magen platzt. Bei Römerstadt/Rymarov ein Übernachtungshighlight, die Alfredshütte, bestens renoviert und gut geführt von jungen Leuten, wie so viele der tschechischen Hütten. Danach geht es ins mährisch-schlesische Hügelland hinaus, keine Sensationen, aber tschechisches Problemgebiet: höchste Arbeitslosenquote, Abwanderung, Sanierungsbedarf. Auch die alte Hauptstadt Troppau/Opava mit ihren Adelspalästen macht da keine Ausnahme. Beethoven hielt sich hier oft auf. Sein barockes Wohnhaus in der Beethovenstraße benötigt dringend einen Investor! Und erst recht die Industrie- und Bergbaustadt Ostrau: Grau in grau, Gestank nach ungefilterten Abgasen von Kohlekraftwerken und Hüttenwerken.

 

In den Beskiden trifft man keine Landsleute mehr. Nur noch Polen, Tschechen und Slowaken wandern hier in den einsamen Bergen, wo das Bärenfell und der ausgestopfte Luchs zur Hütteneinrichtung gehören. Riesige Steinpilze, die man sammeln und der Hüttenwirtin fürs Abendessen mitbringen kann – es wird nur gut gekocht! – und Heidelbeeren erschweren das Vorwärtskommen. Die Beskiden darf man sich nicht als einheitliches Mittelgebirge vorstellen. Es handelt sich vielmehr um eine Vielzahl von Einzellandschaften, die sich in Vegetation, Waldbestand, Nutzung und Besiedlung unterscheiden. Tief eingeschnittene Talsenken trennen die einzelnen Mittelgebirge voneinander. Der Kulturschock bleibt aber nicht aus, wenn man von einer Beskidenhöhe herunter auf die Plattenbaustädte der Zeit vor 1989 blickt. Dann versteht man auch, dass jeder Tscheche und Slowake seine chata braucht, seine Hütte weit draußen in der Natur, wo er sommers und winters die Wochenenden und den Urlaub verbringt.

Und Natur gibt es pur! Bärenspuren und die Reviermarkierungen des Luchses findet man nicht selten.