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Alpenüberquerungen - einmal anders

(veröffentlicht in "der Weitwanderer", Heft 2/1996)

Alpenwanderern, die Ruhe, Natur und angenehme Hüttenübernachtungen lieben, sind Wege wie der E5 oder der E4 alpin ein Graus. Der Massenbetrieb an schönen Tagen in der Haupturlaubszeit, die gequälten Gesichter der wanderungewohnten Wanderer, oft mit beinahe 20 kg auf dem Rücken, mit Zelt, Schlafsack, Liegematte, und dann abends der Massenbetrieb auf überfüllten Hütten. In den Allgäuer, Lechtaler, Ötztaler Alpen, im Wetterstein und Karwendel, überall das gleiche Bild. Es stellt sich einem wirklich die Frage, ob das noch Sanfter Tourismus ist?

Also weg von den überlaufenen Wegen, abseits auf wenig begangene, oft uralte Pfade, nur im Notfall auf die Hauptstrecken und auf E4-/E5-Hütten. Dies ergibt natürlich Umwege, man braucht Zeit und gute Vorbereitung. Zwei dieser Alternativen sollen hier vorgestellt werden, ergänzt durch reizvolle Varianten. Ausgangspunkt ist jeweils Oberstdorf im Allgäu, für den zweiten hier vorgestellten Weg wäre auch Bludenz als Ausgangspunkt möglich. Beide Orte besitzen eine optimale Bahnanbindung.

Die E5-Alternative Oberstdorf - Sterzing (mit möglicher Fortsetzung durch die Sarntaler Alpen oder durch die Dolomiten) habe ich in mehreren Varianten, zum Teil allein, begangen, zum ersten Mal in voller Länge in jenem Unglückssommer 1987, als im Veltlin der Berg ins Tal stürzte und alle Alpentäler unter Unwetterkatastrophen zu leiden hatten. Für mich als wetterfesten Wanderer hatte dies sibirische Einsamkeit und manchmal auch Kälte zur Folge, was einem richtigen Weitwanderer aber eher guttut. Natürlich gab es - zum Glück - auch schöne Tage, sonst hätte es auf extremen Teilstücken Probleme gegeben, die aber immer durch Umwege zu lösen gewesen wären.

Der Rucksack war etwas schwerer als gewohnt, da ich die Alpen über- und nicht durchqueren wollte, und dazu mußten zusätzlich Hochtourenausrüstung und Selbstsicherungsutensilien eingepackt werden.

Hier stelle ich den gesamten Weg etappenweise dar. Ich habe die landschaftlich attraktivste Strecke herausgesucht, möglichst über schöne Grate und hohe Gipfel und unter Vermeidung von langen Talstrecken und Straßen. Ebenso wurde unterwegs weitgehend auf Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln verzichtet.

1    Vom Bahnhof Oberstdorf geht es durchs Trettachtal zur Spielmannsau und durch den Sperrbachtobel zur E5-Hütte Kemptener Hütte, bei schönem Wetter am Wochenende eine Zumutung wegen der Menschenmassen, die hier den E5 oder zum Heilbronner Weg hochströmen und auch noch auf der Hütte übernachten.

2     Schon am 2. Tag kann man den Massen entgehen, indem man unter "Mitnahme" des Großen Krottenkopfs, des höchsten Allgäuer Berges - übrigens mit Super-Aussicht, obwohl man ihn vom Tal aus überhaupt nicht sieht - zur Hermann-von-Barth-Hütte wandert. Reine Genußwanderer machen hier schon Schluß für diesen Tag und genießen einen lustigen Hüttenabend mit dem Hüttenwirt als Entertainer. Eilige Wanderer gehen noch über den Enzensberger-Weg und steigen von dort ins Lechtal ab (steiler Abstieg, Stöcke sehr zu empfehlen), wo man in Häselgehr übernachten kann.

3     An diesem Tag geht es ins romantische Gramaiser Tal, z.T. auf dem Sträßlein, z.T. auf parallel dazu verlaufenden Wegen. Von Gramais überqueren wir in Richtung Osten auf einsamem Weg das Sättele, den Paß ins Bschlabser Tal, wo in Boden schon das Gasthaus Edelweiß auf uns wartet.

4     Am nächsten Tag geht es einsam, einsamer ist nicht möglich, durchs Fundaistal hoch, manchmal sogar im Bachbett, und durch die wilden Kübelwände zum Muttekopf, dem höchsten Aussichtspunkt der östlichen Lechtaler Alpen. Hier habe ich den tollsten Wettergegensatz erlebt: Auf der Nordseite in den Kübelwänden Schnee- und Graupelschauer, auf der Südseite der Imster Talkessel und die Muttekopfhütte auf Grund der Föhnwirkung im schönsten Sonnenschein. Beim Abstieg dann die Erfahrung, daß sich Sicherungen lohnen: Auf nassem, lehmigem Fels rutsche ich aus, aber die angelegte Sicherung am Drahtseil bewahrt mich vor Schaden.

5     Nach angenehmer Nacht auf der Muttekopfhütte, versehen mit lieben Grüßen an die Schwester der Wirtin, die ich in ein paar Tagen auf der Braunschweiger Hütte besuchen werde, gehe ich über den ausgesetzten, versicherten Drischlsteig zur Bergstation der Hochimster Seilbahn, fahre nach Hochimst, trampe in die Stadt und nehme den Postbus ins Pitztal nach Jerzens. Wer keine hochalpine Erfahrung hat, nimmt den Talweg oder einen der Halbhöhenwege, übernachtet ein- oder zweimal im Tal und steigt dann im E5-Troß zur Braunschweiger Hütte empor. Ich fahre mit der Hochzeigerbahn zum Hochzeiger und wandere auf wildem, einsamem Weg über den Wildgrat zur Erlanger Hütte.

6     In schönster Hochgebirgslandschaft geht es am nächsten Tag übers Lehnerjoch und die Feilerscharte (Möglichkeit, den Fundusfeiler zum besteigen) zur Frischmannhütte des Österreichischen Touristen-Klubs.

7     Beinahe als Ruhetag ist der Bummelweg durch den Geigenkamm zur Selbstversorgerhütte am Hauersee zu deklarieren. Blumen, mehrere Seelein, ein abwechslungsreicher Weg, der aber mit der nötigen Vorsicht begangen werden muß , dies alles ist die Ouverture zu den nächsten hochalpinen Etappen, die Anforderungen an die Ausdauer und an die Trittsicherheit stellen.

8     Vom Hauersee gehen wir hoch zum Gletscherlein auf der Ostseite des Luibiskogels, den wir natürlich wegen der Aussicht nach Norden, Osten und Westen besteigen. Über vier Joche nähern wir uns der Hohen Geige, mit 3393 m höchster Berg im Geigenkamm zwischen Ötztal und Pitztal: Sandjoch, Breitlehnjoch, Rötkarljoch und Gahwinden oder Gabinten, wie man im Pitztal schreibt. Unten liegt schon die Chemnitzer Hütte, wir aber genießen vorher noch die exklusive Aussicht, ehe wir, von Steinböcken neugierig beäugt, zur Hütte absteigen. Hoffentlich gibt es Übernachtungsplätze, die Hohe Geige ist sehr gefragt, wir mußten schon in einer "Hundehütte" am Materiallift übernachten!

9     Es lohnt sich, auf der Chemnitzer Hütte einen Tag zu verweilen und die Hohe Geige, einen der höchsten Berge der Ostalpen, auf die ein Weg führt, zu besteigen. Nur wenige Berge bieten diese Aussicht. Eilige nehmen den Mainzer Höhenweg in Angriff, einen kühnen Höhenweg, der vom Weißmaurachjoch um den Puitkogel herum immer in rund 3000 m Höhe zur Braunschweiger Hütte führt. Dieser Weg ist nichts für Anfänger, er ist lang (bei schlechten Verhältnissen bis zu 10 Stunden, zur Not bietet eine futuristisch anmutende Biwakschachtel am Wassertalkogel Schutz - wen nicht gerade eine Jugendgruppe dort Abenteuerurlaub macht, was auch schon vorgekommen ist), er ist nicht einfach, durch den Rückgang der Gletscher endet z.B. eine Sicherung auf der Ostseite des Puitkogel einige Meter über dem Gletscher, so daß es schwierig ist, heil herunterzukommen. Der Schock ereilt uns am Pitztaler Jöchl, wo uns Gletscherstraßenpublikum und die Perversion des Sommerskilaufs auf dem Gletscher nerven. Unten auf der Braunschweiger Hütte nerven eventuell die Massen E5-Wanderer.

10     Am nächsten Morgen wieder denselben Weg hoch zum Pitztaler Jöchl, wo die Ski- und Snowboardfahrer schon am frühen Morgen ihre Perversion ausleben. Wir folgen dem E5 entlang der Gletscherstraße nach Sölden. Vielleicht hat ein Autofahrer Erbarmen und nimmt uns mit, denn diese schwer zu umgehende Strecke ist eigentlich die unangenehmste der ganzen Tour. Ich habe bei schlechtem Wetter schon widerwillige Autofahrer einfach dazu verdonnert, mich mitzunehmen. Von Sölden geht es auf dem Fahrweg ins Windachtal, und schneller als man glaubt, ist man mitten in den Stubaier Alpen auf der Siegerlandhütte, wo man abends den Stories lauschen kann, die Söldener Bergführer mit Reichen aus dem Land im Norden erlebt haben.

11     Auf teilweise schwer zu findendem Weg steigen wir zur Windachscharte hoch. Manchmal bedeckt loses Geröll das darunter vorhandene Eis, so daß der Aufstieg eine rutschige Sache wird. Mir haben Steigeisen und Eispickel hier schon sehr geholfen. Über diese Scharte haben übrigens die Tiroler von Süden her das Ötztal besiedelt! Unten grüßt schon der Timmeler Schwarzsee, von dem aus wir über die Gürtelscharte nach St. Martin am Schneeberg wandern, wo in einem ehemaligen Bergwerksgebäude ein Unterkunftshaus eingerichtet wurde. Hier wurden vom Mittelalter bis in unsere Zeit im höchstgelegenen Bergwerk Europas Silber- und andere Erze abgebaut.

12     Die einsamste Etappe der ganzen Tour führt uns am nächsten Tag zunächst durch das Bergbaugebiet über die Schneebergscharte, dann ohne einem Menschen zu begegnen, zum Teil weglos und mit Orientierungsschwierigkeiten über die Ratschingsscharte und die Gleckenalm hinunter nach Flading im Ratschingstal, wo wir Quartier nehmen.

13    Eine romantische Talwanderung führt uns schließlich am Ratschingsbach entlang, vorbei an uralten Bauernhöfen mitten in Blumenwiesen, Bilderbuch-Südtirol, durch die wilde, in weißen Marmor eingeschnittene Gilfenklamm nach Sterzing, von wo die Eisenbahn uns wieder in die Heimat zurückbringt.

In Kurzform stelle ich noch einige Varianten vor, die aber um einiges schwieriger sind und deshalb nur von erfahrenen Eisgehern begangen werden dürfen, am besten in einer geübten Seilschaft oder am Seil eines Bergführers.

Variante Ötztaler Alpen:

5a     Wie bei 5 ab Muttekopfhütte, aber Bus ins Pitztal bis Trnkwald, von dort Aufstieg zum Mittelberglesseee und weglos aber unschwierig über Blockwerk zur Kaunergrathütte.

6a     Über den Cottbuser Höhenweg mit seinen leider oft zerstörten Drahtseilsicherungen zum Riffelsee und auf dem aussichts- und blumenreichen Fuldaer Höhenweg zum Taschachhaus.

7a     Geröll-, Moränen- und Gletschertour zum Mittelbergjoch, auf die Wildspitze (3774 m) Abstieg zur Breslauer Hütte.

8a     Zur Bergstation des Stablein-Sessellifts, Talfahrt nach Vent, Aufstieg über die Ramolalm und das Ramoljoch zum Ramolhaus.

9a     Aussichtsreicher Höhenweg über die Küppelenalmen und die Sonnbergalm talauswärts nach Zwieselstein.

10a     Auf dem E5 zum Timmelsjoch, Abstieg durchs Passeirer Timmelstal zur Schönaueralm, Aufstieg nach St. Martin am Schneeberg, dann weiter wie 12.

Variante Stubaier Alpen I (z.T. schwierige Eistour, nur gesichert am Seil mit erfahrenen Eisgehern):

11a     Von der Siegerlandhütte über die Windachscharte zum Timmeler Schwarzsee (wie bei 11), dann aber hoch zur Schwarzwandscharte und auf der obersten Terrasse des Übeltalferners (größter Südtiroler Gletscher), direkt unter den Ostabstürzen der Sonklarspitze vorbei zur Müllerhütte. Von hier aus kann noch der Wilde Pfaff (3458 m) bestiegen werden.

12a     Über den Wilden Freiger und das Becherhaus zur Teplitzer Hütte.

13a     Abstieg zur Grohmannhütte, auf dem Sieben-Seen-Weg zum Egetjoch, Abstieg durchs Lazzacher Tal mit seinen Bergwerksanlagen nach Maiern (Freßorgie mit Südtiroler Spezialitäten und Übernachtung im Gasthof Maiern). Evtl. Besuch des Bergbaumuseums, sehr empfehlenswert.

14a     Aufstieg zur Prischeralm (mit Steinbock in der Ziegenherde), auf dem aussichtsreichen Ridnauner Höhenweg zum Roßkopf, Talfahrt mit der Seilbahn nach Sterzing.

Variante Stubaier Alpen II:

11b     Wie 11a, aber bis zum Becherhaus.

12b     Abstieg zur Teplitzer Hütte, über den Pfurnsee, die Agglsalm und den Agglsboden nach Maiern.

Von Sterzing aus bieten sich zwei Anschlußwege nach Süden an. Zum einen gibt es den Panoramaweg gegenüber den Dolomiten, der durch die Sarntaler Alpen vom Jaufental zum Penserjoch, weiter hoch über Brixen zum Rittner Horn und zuletzt über den Ritten nach Bozen führt.

Der zweite Weg führt zunächst im Eisacktal von Sterzing nach Mauls, dann übers Valser Joch ins Valser Tal, dann nach Mühlbach, ins Lüsener Tal, zur Plose, ins Villnößtal, über die Broglesalm und die Panascharte ins Grödnertal, über die Seiseralm zum Rosengarten und zum Latemar und zum Karerpaß. Diese Anschlußwege habe ich aber noch nicht zusammenhängend begangen, aber es muß ja noch etwas zum Wandern geben!

Eine relativ selten begangene Alpenüberquerung ist die Strecke Oberstdorf - Maloja, die ich schon in beiden Richtungen und in mehreren Varianten begangen habe. Sie führt, teils in Längs-, teils in Querrichtung durch viele Gebirgsgruppen. Die Wege sind oft einsam, aber landschaftlich großartig. Es ist alles drin von den Aussichtsbergen der Allgäuer Alpen und des Lechquellengebirges, den Felsabstürzen des Rätikons über die weiten Schweizer Almen zum einsamen Gebirgszug der Albulaalpen, über die die Bündner Haute Route uns in das trotz Tourismus immer noch einzigartige Engadin führt.

Ich habe den Weg in den letzten Sommerferien zwei 18-jährigen Schülerinnen empfohlen. Obwohl das Wetter nicht immer mitmachte, waren sie begeistert von der Vielfalt, landschaftlichen Schönheit und Romantik dieser Wanderstrecke.

Ich stelle hier eine Wegführung vor, die fast ohne Bus und Bahn auskommt, aber des öfteren Seilbahnen und Sessellifte ausnützt, da die tiefen Talabstiege doch manchmal eine Plage sein können, vor allem wenn der Rucksack nicht der leichteste ist.

1     Vom Bahnhof Oberstdorf fährt der Bus ins Kleine Walsertal bis Riezlern (Breitachbrücke) oder Hirschegg. Von hier über den Höhenrücken auf asphaltiertem Weg ins Schwarzwassertal zur Auenhütte, von wo uns der Sessellift zur Ifenhütte bringt. Aufstieg zum Hohen Ifen mit prächtiger Aussicht ins Alpenvorland, gestört von manchmal aufdringlichen Dohlen oder vielen Wochenendtouristen. Abstieg über die Ifersgundalpe zur Schwarzwasserhütte.

2     Dieser Tag beginnt mit einer einsamen, romantischen Gratwanderung: Von der Hütte nach Westen hoch zum Steinmannl und auf dem manchmal etwas ausgesetzten Grat nach Süden zum Grünhorn. Abstieg über die Ochsenhofer Scharte nach Baad, Aufstieg über die Bärgundalpe zum Hochalppaß, Rucksackdepot am Fuß des Widdersteins, durch eine steinschlaggefährdete Rinne zum Gipfel (Aussicht nach allen Seiten!). Falls die kleine Widdersteinhütte voll ist (Normalfall), wartet unten auf dem Hochtannbergpaß der gut geführte 3-Sterne-Gasthof Adler.

3     Am Körbersee vorbei geht es über die weiten Almflächen des Auenfeldes und durch tief eingerissene Tobel nach Oberlech, von dort mit der Seilbahn nach Lech, am Lech entlang auf dem südseitigen Fußweg nach Zug, Aufstieg übers Stierlochjoch zur Ravensburger Hütte unter den Kletterwänden der Roggalspitze.

4     Frühmorgens steigen wir auf einen der großartigsten aber leichten Aussichtsberge, den Spuller Schafberg, der auch botanisch sehr interessant ist. Den großen Rucksack nehmen wir erst nach dem Abstieg mit. Weiter geht es zum Spullersee, über die Staumauer, anschließend über weite Almflächen zum fast unüberwindlich aussehenden Gehrengrat, der auf der anderen Seite sich als sanft geneigter Grasbuckel erweist. Unten grüßt schon grau das Karrenfeld, in dem wir alle Karsterscheinungen studieren können. Die Freiburger Hütte über dem türkisblauen Formarinsee versucht Ökologie und Ökonomie in Einklang zu bringen.

5  Steil geht es hinunter ins Klostertal (Stöcke empfehlenswert) nach Dalaas. Von hier ist eine Abkürzung mit Bus/Bahn/Sessellift über Bludenz-Tschagguns-Grabs oder eine Verlängerung mit Bus/Bahn über Bludenz-Feldkirch und den Rätikon-Höhenweg möglich. Wir steigen aber gleich den bewaldeten Gegenhang zum Kristbergsattel hoch, der uns ins Silbertal in der Ferwallgruppe führt. Auf dem Wanderweg am Hang südlich des Litzbaches wandern wir nach Schruns und Tschagguns, erleichtern uns den Aufstieg nach Grabs mit dem Sessellift und gehen schließlich über die Alpilaalpe und den Tobelsee zur Tilisunahütte. Hierher führt auch die Verlängerung des Weges über den Rätikon-Höhenweg.

6     Auf dem Nördlichen Rätikon-Höhenweg, dem Österreichischen Weitwanderweg 02 (Zentralalpenweg) wandern wir über 3 Joche (Grubenpaß, Plasseggenpaß und Sarotlapaß gemütlich ins Gargeller Tal. Hier können wir beim Abstieg ins Tal auf den Röbi-Alpen (=Almen auf alemannisch) die Stufung der traditionellen Almwirtschaft kennenlernen. Über die Ronggalpe erreichen wir den Hauptort Gargellen, wo uns im Notfall der VW-Bus des Hotels Vergalden in unser Nachtquartier bringt.

7     Auf leider asphaltiertem Almweg gehen wir über die Untere und die Obere Valzifenzalpe, dann auf steilem Steig hoch zum Schlappiner Joch und damit in die Schweiz. Hier müssen wir entscheiden, ob wir den angenehmen Höhenweg über die Almen (mit Skischäden!) zur Madrisaseilbahn nehmen und ins Tal mit der Seilbahn fahren, oder ob wir den romantischen aber steilen Weg durch den Schlappina-Tobel nach Klosters nehmen. Hier empfiehlt es sich, mit dem Postbus, einem Kleinbus, den langen Weg ins Vereinatal zu verkürzen, wo wir im oder neben dem Berghaus Vereina Quartier bekommen.

8     Ein schöner Weg führt uns hinauf zu den Jöriseen am Fuß des Flüela-Weißhorns. Über die Jöriflüelafurgga und weite Almflächen erreichen wir das Wegerhaus an der Flüelastraße. Parallel zur Straße verläuft der Wanderweg über die Paßhöhe und weiter Richtung Südosten, wo wir nach ca. 2 km die Abzweigung ins Radönt nicht verpassen dürfen - was nicht besonders schlimm wäre, denn bis Chant Sura gibt es noch mindestens 2 weitere Abzweigungen zu unserem Etappenziel. Im Radönt veranstaltet die Schweizer Armee öfters Schießübungen - die Reste sind auf dem Weg zu finden -, Hinweisschilder sind zu beachten. Über die Fuorcla Radönt erreichen wir das Grialetschgebiet und schon bald die Grialetsch-Hütte, umgeben von einem herrlichen Gletscherpanorama.

9     Zwei Varianten sind möglich: Entweder als geübter Eisgeher über den Grialetsch-Gletscher mit einer Besteigung des Piz Grialetsch und Abstieg über den Vallorgia-Gletscher durchs Vallorgia zur großen Alp Funtauna oder als Normalwanderer über die Fuorcla da Grialetsch auf dem Weg Richtung Dürrboden, von dem man aus in ca. 2300 m Höhe weglos queren kann zum Scalettaweg, der uns über den Scalettapaß zur Alp Funtauna bringt. Durchs weite Funtauna-Tal kommen wir zur Kesch-Hütte. Genießer steigen nicht zur Alp Funtauna ab sondern nehmen den direkten Höhenweg am Südhang entlang, der auf den Weg von Davos-Sertig zur Kesch-Hütte trifft.

10     Wieder zwei Varianten: Erfahrene, geübte Eisgeher nehmen den Porchabella-Gletscher und den imposanten Gipfel des Piz Kesch mit, überschreiten die Porta d'Es-cha und sind relativ schnell auf der Es-cha-Hütte. Normalwanderer umrunden den ganzen Bergstock auf der Westseite, ein relativ langer, aber sehr schöner Weg. Achtung: Gleich nach der Fuorcla Funtauna die Abzweigung nach links nehmen, das erspart rund 200 Höhenmeter Ab- und Aufstieg. Über die Alp digl Chant, die Alp Plazbi und die Fuorcla Pischa erreichen wir die Es-cha-Hütte.

11     Diese Etappe ist die längste. Eilige brechen hier ab und steigen ins Engadin nach Madulain, Zuoz oder La Punt ab. Ansonsten führt unser Weiterweg über die Guldauna ins Albulatal und zum Albulapaß, den wir Richtung Bergün überqueren. Nach beinahe 2 km biegen wir links ab und steigen hoch zur Fuorcla Crap Alv, hinunter ins Val Bever, das wir hochwandern bis zur Jenatsch-Hütte.

12     Über den Vadret d'Agnel, die Fuorcla d'Agnel und das Val d'Agnel kommen wir zur Julier-Paßstraße, die wir queren. Schnell sind wir oben am Leg Grevasalvas, überschreiten die Fuorcla da Grevasalvas, steigen über Bilderbuchdörfer (Kulissen von Heidi-Filmen), in denen die Zeit anscheinend stehengeblieben ist, wie Grevasalvas, Blaunca oder Buaira, Dörfer, die nur im Sommer von Bergeller Bauern bewohnt sind, hinab zum Silser See nach Maloja, wo uns eine schöne Jugendherberge erwartet.

Von Maloja kann man mit dem Postbus nach St.Moritz gelangen, von wo uns der Schnellzug der Rhätischen Bahn auf Schmalspur über, besser gesagt: durch den Albulapaß auf kühner Streckenführung mit mehreren Kehrtunnels zurück nach Deutschland bringt.

Ausdauernde Weitwanderer finden einsame und einmalige Fortsetzungswege, die ich hier nur andeuten will. Auf dem alten Schmugglerweg über den Murettopaß gelangt man ins Veltlin. Eine alte Römerstraße, deren Reste tatsächlich noch erhalten sind führt vom Bergell nach Bivio über den Septimerpaß, der ja eher ein Paßkreuz darstellt. Quer dazu verläuft der Weg von Maloja über den Lunghin und den Septimer nach Juf, der höchstgelegenen Dauersiedlung der Alpen (Jugendherberge). Spazierwege führen auf dem Südhang des Bergell nach Soglio (Soglio e la soglia del paradiso = Soglio ist die Schwelle zum Paradies, Giovanni Segantini) und weiter bis zum Comer See. Der Sentiero Roma erschließt die vom Winkel Comer See - Bergell begrenzte Gebirgsgruppe, deren höchster Gipfel der Monte Disgrazia ist. Allesamt Geheimtips, die auch nach dieser Veröffentlichung noch Geheimtips bleiben werden.

Karten: Hier gibt es eine klare Prioritätenliste. Alpenvereinskarten und die Schweizer Landeskarte 1:25000 bieten eindeutig die beste Geländezeichnung und größte Genauigkeit. Für eine Weitwanderung eignen sich aber Karten 1:50000 besser. Für diese Touren werden benötigt:

Oberstdorf - Sterzing

TK 1:50000 Allgäuer Alpen (Bayer. Landesvermessungsamt München)

Österr. Karte 1:50000 Blätter 114 Holzgau, 115 Reutte, 145 Imst, 146 Oetz, 172 Weißkugel, 173 Sölden, 174 Timmelsjoch, 175 Sterzing (jeweils mit Wegmarkierungen)

Carta dei Sentieri e Rifugi (Tabacco) Blätter 11, 9, 3, 2 und evtl. 7

Oberstdorf - Maloja

TK 1:50000 Allgäuer Alpen (s.o.)

Österr. Karte 1:50000 Blätter 143 St.Anton, 142 Schruns, 141 Feldkirch (jeweils mit Wegmarkierungen)

Landeskarte der Schweiz 1:50000 mit Wanderrouten soweit schon erschienen, Blätter 238 Montafon 248T Prättigau, 258T Bergün, 268T Julierpaß, 278 Monte Disgrazia, evtl. noch 267T San Bernardino, 277 Roveredo, 287 Menaggio.

Führer: Ich habe immer die Alpenvereins-Führer des Rudolf Rother Verlags, in der Schweiz die SAC-Clubführer, zur Vorbereitung verwendet. Die Routen muß man sich selber zusammenstellen, sie sind noch nirgendwo als Ganzes veröffentlicht.

In der Schweiz leisten die Wanderbücher von Kümmerly&Frey gute Dienste, z.b. Engadin oder Bergell.

Ebenso sind die Hüttenverzeichnisse des Alpenvereins und des SAC verwendbar.

Anmerkung: Manche Teilstücke wurden schon vor mehreren Jahren gewandert, so daß nicht gewährleistet ist, daß alle Details noch exakt stimmen. Aber richtige Weitwanderer bereiten ihre Touren mit neuen Karten und Hüttenverzeichnissen vor!

Günther Krämer

Lonsee-Ettlenschieß

30.11.1995